Prozessautomatisierung – auch Geschäftsprozessautomatisierung genannt – beschreibt den Einsatz von Technologie, um wiederkehrende Geschäftsprozesse mit minimaler menschlicher Interaktion durchzuführen. Dabei werden manuelle, regelbasierte Tätigkeiten durch Software-Systeme ersetzt oder unterstützt, um Abläufe effizienter, schneller und fehlerfreier zu gestalten.

In der modernen Arbeitswelt gewinnt Prozessautomatisierung als Teil der digitalen Transformation zunehmend an Bedeutung. Unternehmen jeder Größe nutzen automatisierte Lösungen, um ihre Produktivität zu steigern und Ressourcen optimal einzusetzen. Das Automatisieren wiederkehrender Aufgaben bietet zahlreiche Vorteile für Unternehmen und entlastet Mitarbeiter von monotonen Routinearbeiten. Ziel ist dabei häufig eine End-to-End-Automatisierung, die ganze Prozessketten über Abteilungsgrenzen hinweg abdeckt. Dieser Artikel erklärt die grundlegenden Konzepte, Arten und Einsatzmöglichkeiten der Prozessautomatisierung.

Wie setzt sich der Begriff zusammen?

Um Prozessautomatisierung vollständig zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die beiden Bestandteile des Begriffs.

Ein (Geschäfts-)prozess ist eine Abfolge von miteinander verbundenen Aktivitäten, die ein bestimmtes Ziel verfolgen. Typische Beispiele sind die Rechnungsbearbeitung, Bestellabwicklung oder die Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Solche Prozesse folgen meist festen Regeln und wiederholen sich regelmäßig im Unternehmensalltag.

Automatisierung bedeutet, dass technische Systeme Aufgaben eigenständig ausführen, die zuvor manuell erledigt wurden. Die Technologie übernimmt dabei die Steuerung und Durchführung definierter Arbeitsschritte nach vorgegebenen Regeln.

Ein wichtiger Bestandteil dieser Prozesse sind Workflows. Ein Workflow beschreibt die konkrete Abfolge einzelner Arbeitsschritte innerhalb eines Prozesses. Bei der Prozessautomatisierung werden diese Workflows so gestaltet, dass sie ohne manuelle Eingriffe ablaufen. Jeder Schritt löst automatisch den nächsten aus, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist.

Ein anschauliches Beispiel: Stellen Sie sich einen Online-Shop vor. Früher musste ein Mitarbeiter nach jeder Bestellung manuell eine Bestellbestätigung schreiben, die Rechnung erstellen, die Lagerverwaltung informieren, den Versand veranlassen und dem Kunden die Tracking-Nummer mitteilen. Heute läuft dieser gesamte Workflow automatisch ab. Sobald ein Kunde auf „Kaufen“ klickt, sendet das System automatisch die Bestellbestätigung per E-Mail, erstellt die Rechnung, reduziert den Lagerbestand, druckt den Versandaufkleber und verschickt später die Tracking-Information. Kein Mitarbeiter muss diese einzelnen Schritte anstoßen – die Software erledigt alles selbstständig nach definierten Regeln. Der Mitarbeiter kümmert sich nur noch um Ausnahmefälle, etwa wenn ein Artikel nicht lieferbar ist.

Im Sprachgebrauch werden auch die Begriffe Prozessautomation oder Business Process Automation (BPA) synonym verwendet.

Wie grenzt sich Prozessautomatisierung von anderen Begriffen ab?

Prozessautomatisierung wird häufig mit ähnlichen Konzepten verwechselt oder gleichgesetzt. Eine klare Abgrenzung hilft beim Verständnis.

Begriff Was es bedeutet Unterschied zur Prozessautomatisierung
Digitalisierung Umwandlung analoger Informationen in digitale Formate Digitalisierung ist die Grundlage, Prozessautomatisierung geht weiter und nutzt die digitalen Daten, um ganze Arbeitsabläufe automatisch ablaufen zu lassen
RPA (Robotic Process Automation) Software-Roboter imitieren menschliche Interaktionen mit digitalen Systemen RPA ist eine spezifische Technologie zur Umsetzung von Prozessautomatisierung, aber nicht die einzige Möglichkeit
Workflow-Management Planung, Überwachung und Optimierung von Arbeitsabläufen Workflow-Management plant und überwacht Prozesse (auch manuelle), Prozessautomatisierung führt sie automatisch aus

Wie hängen Workflows, Digitalisierung und Automatisierung zusammen?

Das Zusammenspiel dieser drei Konzepte bildet die Grundlage erfolgreicher Prozessautomatisierung. Sie bauen aufeinander auf und ergänzen sich gegenseitig.

Die Prozessdigitalisierung bildet die Grundlage für jede Automatisierung. Unternehmen überführen papierbasierte Abläufe in digitale Systeme. Formulare werden zu Online-Eingabemasken, physische Akten zu digitalen Dokumenten und manuelle Berechnungen zu automatischen Formeln in Software. Diese Digitalisierung schafft die technische Voraussetzung für alle weiteren Schritte und ermöglicht es, End-to-End-Prozesse über verschiedene Systeme wie ERP und CRM hinweg zu automatisieren.

Anschließend werden die digitalisierten Prozesse in Workflows strukturiert. Dabei werden die einzelnen Arbeitsschritte definiert, ihre Reihenfolge festgelegt und die Verantwortlichkeiten zugeordnet. Ein Workflow beschreibt also das „Wie“ eines Prozesses: Welche Schritte folgen aufeinander? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein? Wer ist an welcher Stelle beteiligt? Diese Strukturierung macht Prozesse transparent und nachvollziehbar.

Erst im dritten Schritt erfolgt das eigentliche Automatisieren. Die zuvor definierten Workflows werden so konfiguriert, dass Systeme sie eigenständig ausführen. Aufgaben werden automatisch weitergeleitet, Daten ohne manuelles Zutun übertragen und Entscheidungen nach festgelegten Regeln getroffen. Mit Low-Code- und No-Code-Plattformen lassen sich automatisierte Workflows heute deutlich schneller konfigurieren und ausrollen, ohne dass tiefgreifende Programmierkenntnisse erforderlich sind. Die Systemintegration spielt dabei eine zentrale Rolle, da verschiedene Software-Anwendungen nahtlos zusammenarbeiten müssen.

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht dieses Zusammenspiel: Bei der Urlaubsbeantragung wurde früher ein Papierformular ausgefüllt (analog). Heute erfolgt die Eingabe in einem HR-System (digitalisiert). Der Antrag durchläuft einen definierten Genehmigungs-Workflow: Mitarbeiter stellt Antrag, Vorgesetzter prüft Kapazitäten, HR prüft Resturlaub, Genehmigung erfolgt. Durch Automatisierung läuft dieser Workflow ohne manuelle Weiterleitung: Das System informiert automatisch den Vorgesetzten, prüft selbstständig den Urlaubsanspruch und aktualisiert nach Genehmigung alle relevanten Systeme.

Welche Arten der Prozessautomatisierung gibt es?

Prozessautomatisierung lässt sich in verschiedene Kategorien einteilen, die sich in ihrer Funktionsweise und Anwendung unterscheiden.

Art Funktionsweise Typisches Einsatzgebiet
Robotic Process Automation (RPA) Software-Roboter ahmen menschliche Aktionen in Benutzeroberflächen nach (Login, Dateneingabe, Formulare ausfüllen) Regelbasierte Aufgaben ohne komplexe Entscheidungen, z.B. Datenübertragung zwischen Systemen
Business Process Management (BPM) Ganzheitliche Abbildung und Steuerung kompletter Geschäftsprozesse über Abteilungen und Systeme hinweg Umfassende Prozessoptimierung, abteilungsübergreifende Workflows, kontinuierliche Verbesserung
Workflow-Automatisierung Automatische Weiterleitung von Aufgaben und Informationen nach Abschluss eines Schritts Genehmigungs-Workflows, Aufgabenverwaltung, sequenzielle Prozesse
KI-gestützte Automatisierung Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen zur Verarbeitung unstrukturierter Daten und Mustererkennung E-Mail-Klassifizierung, Dokumentenanalyse, intelligente Entscheidungsfindung
Systemintegration Verbindung verschiedener Softwarelösungen über APIs und Schnittstellen für automatischen Datenaustausch Synchronisation von CRM, ERP und anderen Systemen ohne manuelle Übertragung

Systemintegration bildet oft die Grundlage erfolgreicher Prozessautomatisierung. Sie verbindet verschiedene Softwarelösungen über APIs und Schnittstellen und ermöglicht den automatischen Datenaustausch zwischen ERP-Systemen wie SAP und CRM-Plattformen. Diese nahtlose Kommunikation macht komplexe End-to-End-Automatisierungen erst möglich.

Wo wird Prozessautomatisierung eingesetzt?

Die Einsatzmöglichkeiten für Prozessautomatisierung sind vielfältig und finden sich in nahezu allen Unternehmensbereichen. Unternehmen jeder Größe und Branche automatisieren gezielt Prozesse, um effizienter zu arbeiten:

Finanz- und Rechnungswesen

  • Automatische Verarbeitung von Eingangsrechnungen
  • Automatisiertes Mahnwesen
  • Erstellung wiederkehrender Berichte
  • Abgleich von Rechnungen mit Bestellungen
  • Automatische Zahlungsfreigaben

Personal und HR

  • Automatische Vorsortierung von Bewerbungen
  • Verwaltung von Urlaubsanträgen
  • Generierung von Arbeitsverträgen
  • Onboarding-Prozesse für neue Mitarbeiter
  • Automatisierte Gehaltsabrechnungen

Kundenservice

  • Schnellere Bearbeitung von Kundenanfragen durch automatisches Ticket-Routing
  • Chatbots für häufige Anfragen
  • Automatische Kategorisierung und Priorisierung von Support-Tickets
  • Automatische Versendung von Statusupdates
  • Eskalationsmanagement bei Beschwerden

Fertigung und Produktion

  • Steuerung von Maschinen und Produktionslinien
  • Überwachung und Wartungsmeldungen
  • Automatische Auslösung von Produktionsaufträgen
  • Lagerverwaltung und automatische Nachbestellungen
  • Qualitätskontrolle

Marketing und Vertrieb

  • Automatisierte E-Mail-Kampagnen
  • Lead-Nurturing und -Bewertung
  • Automatische CRM-Aktualisierungen
  • Personalisierte Newsletter
  • Social-Media-Posting

Welche Merkmale kennzeichnen automatisierte Prozesse?

Nicht jeder Prozess eignet sich gleichermaßen für Automatisierung. Bestimmte Eigenschaften machen einen Ablauf zum idealen Kandidaten:

  • Regelbasiert und wiederholbar: Der Prozess folgt klaren Wenn-Dann-Logiken und läuft immer nach dem gleichen Schema ab. Ein Genehmigungsprozess mit festen Kriterien lässt sich beispielsweise gut automatisieren, während kreative Entscheidungen menschliches Urteilsvermögen erfordern.
  • Standardisiert: Der Prozess verwendet einheitliche Formate, Datenstrukturen und Schnittstellen. Je weniger Variationen und Sonderfälle existieren, desto effizienter funktioniert die Automatisierung.
  • Geringer menschlicher Eingriff erforderlich: Mitarbeiter greifen vor allem bei Ausnahmen ein oder treffen strategische Entscheidungen. Die routinemäßige Durchführung übernimmt das System selbstständig. Dies entlastet Mitarbeiter für anspruchsvollere Aufgaben, bei denen ihre Expertise wirklich gefragt ist.
  • Messbar und nachvollziehbar: Automatisierte Systeme protokollieren ihre Aktivitäten, sodass jederzeit ersichtlich ist, wann welcher Schritt ausgeführt wurde. Klare Zielgrößen und KPIs wie Durchlaufzeit, First-Time-Right-Quote und Kosten pro Vorgang machen Fortschritte messbar und ermöglichen die kontinuierliche Optimierung durch Auswertung der gesammelten Daten.

Welche Vorteile bietet Prozessautomatisierung?

Die Implementierung automatisierter Prozesse bringt zahlreiche messbare Verbesserungen mit sich.

Effizienzsteigerung steht häufig an erster Stelle. Aufgaben, die manuell Stunden dauern, erledigen Systeme in Minuten oder Sekunden. Ein Softwareroboter kann beispielsweise Hunderte von Datensätzen in der Zeit verarbeiten, die ein Mensch für zehn benötigen würde. Dies beschleunigt nicht nur einzelne Schritte, sondern ganze Prozessketten. Durch End-to-End-Automatisierung werden Wartezeiten zwischen Prozessschritten eliminiert.

Die Kostenreduktion ergibt sich aus mehreren Faktoren. Weniger Zeitaufwand bedeutet niedrigere Personalkosten für Routineaufgaben. Gleichzeitig sinken die Ausgaben für Fehlerkorrektur und Nacharbeit. Ressourcen lassen sich gezielter einsetzen, da automatisierte Prozesse präzise skalierbar sind.

Fehlerminimierung zählt zu den wichtigsten Vorteilen. Menschen machen Fehler, besonders bei repetitiven Aufgaben. Automatisierte Systeme führen Aufgaben konsistent und präzise aus. Zahlendreher, vergessene Schritte oder fehlerhafte Dateneingaben werden nahezu eliminiert.

Mitarbeiter werden durch Automatisierung für wertschöpfende Tätigkeiten freigesetzt. Statt Daten von einem System ins andere zu übertragen, können sie sich auf kreative Problemlösungen, Kundenbetreuung oder strategische Projekte konzentrieren. Dies erhöht nicht nur die Produktivität, sondern auch die Arbeitszufriedenheit.

Skalierbarkeit ermöglicht es Unternehmen, auf Nachfrageschwankungen flexibel zu reagieren. Ein automatisierter Prozess lässt sich problemlos auf das Zehnfache der ursprünglichen Last hochskalieren, ohne proportional mehr Personal einzustellen.

Verbesserte Compliance und Governance sind weitere wichtige Vorteile. Automatisierte, regelbasierte Abläufe werden lückenlos protokolliert, was die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und interner Richtlinien erleichtert und die Nachvollziehbarkeit für Audits gewährleistet.

Welche Herausforderungen gibt es?

Trotz der vielen Vorteile bringt Prozessautomatisierung auch Herausforderungen mit sich, die Unternehmen berücksichtigen sollten.

Anfangsinvestitionen können erheblich sein. Softwarelizenzen, Implementierungskosten und die Anpassung bestehender Systeme erfordern Budget. Hinzu kommen Ausgaben für Schulungen und eventuell externe Berater. Obwohl sich die Investition langfristig auszahlt, stellt sie kurzfristig eine finanzielle Hürde dar.

Prozesskomplexität kann die Automatisierung erschweren. Prozesse mit vielen Ausnahmen, unstrukturierten Eingaben oder häufigen Änderungen sind schwieriger zu automatisieren. Manchmal ist eine grundlegende Prozessoptimierung notwendig, bevor Automatisierung sinnvoll möglich ist.

Change Management spielt eine entscheidende Rolle. Mitarbeiter haben möglicherweise Bedenken bezüglich ihrer Arbeitsplätze oder müssen sich auf neue Arbeitsweisen einstellen. Ohne angemessene Kommunikation und Einbindung der Betroffenen kann Widerstand entstehen, der den Erfolg des Projekts gefährdet.

Die technischen Anforderungen sollten nicht unterschätzt werden. Bestehende IT-Infrastruktur muss kompatibel sein, Schnittstellen müssen funktionieren und die Systemstabilität muss gewährleistet sein. Wartung und Updates erfordern kontinuierliche technische Betreuung. Zusätzlich müssen Aspekte wie Compliance und Governance von Beginn an mitgedacht werden, um regulatorische Anforderungen zu erfüllen und Datenschutzbestimmungen einzuhalten.

Fazit

Prozessautomatisierung bezeichnet den systematischen Einsatz von Technologie zur eigenständigen Durchführung wiederkehrender Geschäftsprozesse. Sie umfasst verschiedene Ansätze von RPA über BPM bis hin zu KI-gestützten Lösungen, die alle das gemeinsame Ziel verfolgen, manuelle Aufgaben zu reduzieren und Effizienz zu steigern.

Für moderne Unternehmen ist Prozessautomatisierung kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit im Wettbewerb. Die Vorteile in Form von Zeitersparnis, Kostenreduktion und Fehlerminimierung überwiegen in den meisten Fällen die anfänglichen Herausforderungen. Entscheidend für den Erfolg ist eine sorgfältige Planung, die Auswahl geeigneter Prozesse und die Einbindung der Mitarbeiter.

Die Zukunft der Prozessautomatisierung wird zunehmend durch künstliche Intelligenz geprägt sein. Systeme werden nicht nur regelbasierte Aufgaben übernehmen, sondern auch komplexe Entscheidungen treffen und aus Erfahrungen lernen können. Unternehmen, die frühzeitig in Automatisierung investieren, schaffen die Grundlage für nachhaltigen Erfolg in einer digitalisierten Wirtschaft.

 

Hendrik Schrandt


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